#02 - Kontrollverlust durch Suchtstoffe in der Nahrung

Kohlenhydratesucht - Dieses Thema ist kaum bekannt, aber es gibt in unserer Nahrung Stoffe, die ähnlich auf unser Gehirn wirken wie Drogen.

Mit einem Unterschied: Sie vernebeln unser Bewusstsein nicht so sehr, dass sie als Drogen verboten werden müssten! 

Sie haben aber den gleichen Abhängig-Mach-Effekt = Sucht-Effekt

Was passiert da eigentlich? 

Gerät unser Gehirn in Erregungszustand, z.B. in Ohnmacht, Angst, Stress, Wut etc., dann ist dort die helle Aufregung angesagt. 
Wir wissen, bei zu viel Stress schaltet sich unser Steinzeitgehirn ein und übernimmt das Kommando. Viel Erregungszustand hält das Gehirn nämlich nicht aus, also sucht es nach schnellen Lösungen. 

Sich beruhigen durch Meditation? Ist dem Steinzeitgehirn nicht schnell genug. Da greift es lieber auf sofortige biochemische Lösungen zurück. 
Und diese befinden sich in der Nahrung. Wir wissen es nicht bewusst - unser Steinzeitgehirn dafür umso besser. 

Sie nennen sich natürliche Opiate und wirken tatsächlich enorm beruhigend auf unser Gehirn. "Super!", denkt sich unser Steinzeitgehirn. "Hab ich doch eine Lösung gefunden, die schnell funktioniert!"

Die Sache hat nur einen Haken: Um ein und denselben Effekt zu erzielen müssen immer mehr Opiate zugeführt werden - genau wie bei "normalen Drogen", denn die Neuronen passen sich an! 
Gleichzeitig wachsen also die Andockstellen für eben diese Opiate und beginnen die Andockstellen für das Dopamin - unser natürliches Sattmacherhormon! - zurückzudrängen. 
Klar! Um den Stoff zu bekommen, darf das Dopamin schließlich nicht den Riegel vorschieben und vorzeitig sagen: "Hey, ich bin aber eigentlich satt!" 
Die Opiat-Andockstellen müssen also dafür sorgen, dass möglichst kein Dopamin ankommt, damit sie hier ihr Opiat-Gelage feiern können. 

Nun beginnt die Krux: Wir beginnen uns zu überessen. Gleichzeitig werden wir schier ganz benebelt. 
"Wieso konnte ich mich jetzt nicht zusammenreißen...?! Ich wusste doch, dass es zuviel ist...!"
Gleichzeitig setzt die "Droge" ein und macht unser Gehirn träge und künstlich entspannt. Das Couchen nach dem Essen beginnt

Dann kommt da aber noch ein weiterer Faktor hinzu, nämlich dass unser Gehirn sich an den Stoff gewöhnt und der Entzug eben dieser natürlichen "Drogen" langsam auch zu eben diesem Erregungszustand führt, den er anfänglich beruhigt hat! Wir haben Entzugserscheinungen! Unser Gehirn gerät in Stress, es braucht den STOFF!
Dazu braucht es jetzt nicht einmal mehr den Stress von außen, nur das Fehlen der "Droge"! 

Daran erkennst du, dass du es mit Suchtstoffen zu tun hast:

"Ach, jetzt ist es auch schon egal. Komm, gib mir die Tafel Schokolade auch noch!" 

DAS ist ein typischer Suchtgedanke! Wenn solche Gedanken nach einem Essen aufkommen, hast du einen fast todsicheren Hinweis darauf, dass du es hier mit einem Suchtstoff zu tun hast.

  • Ich esse nur ein Stück Schokolade „Hoppla, die Tafel ist weg…“
  • Ich esse nur eine Semmel „Shit, jetzt sind es doch 4 geworden…“
  • Nur eine Scheibe Käse… „Ach, noch eine geht schon… noch eine weitere… jetzt ist es auch schon Wurscht. Jetzt kann ich auch die ganze Packung essen.“
  • Nur 8 Nüsse… „Herrjeeeee, ich hol mir nochmal welche… Hab ich schon die ganze Packung?!“

Ein weiterer Hinweis ist die Trägheit nach dem Essen. Essen gibt uns normalerweise Power! Ich dachte früher auch: "Na, träge sein nach dem Essen ist doch normal!" 

Nein! Das ist es nicht! Profisportler wissen das! Sie können es sich nicht leisten, von Drogen lahmgelegt zu werden, deshalb meiden sie diese Stoffe maximal! 
Interessanterweise ist dieses Wissen aber in der Psychosomatik noch nicht angekommen. 

 

Biologischer Hintergrund:

Biologisch gesehen macht das durchaus Sinn, denn Mutter Natur muss uns ja irgendwie über den Winter bringen. Das geht nur, wenn sie uns im Herbst auch etwas "Winterspeck" anfressen lässt. Damit sorgen diese Opiate einmal dafür, dass wir uns überessen, weil unser Sattmacher-Hormon umgangen wird - und auf der anderen Seite macht es uns träge, damit wir den Winterspeck nicht gleich wieder im Bewegungsdrang wegschmelzen lassen. 

Schauen wir uns mal an, was alles so im Herbst reif wird - und beobachten unsere Reaktionen auf diese Stoffe: 

  • Getreide: im Herbst
  • Obst: Im Herbst
  • Nüsse: im Herbst
  • Milch: Auch sie dient dazu, dass das Kalb/Baby sich "Speck" anfrisst für den nächsten Wachstumsschub (und "Stillen" bewirkt ja auch, dass wir die Babies damit beruhigen können.)

Die Natur sorgt dafür, dass wir uns überessen, damit wir für den Winter schön fett werden (oder für den nächsten Wachstumsschub) und trickst uns aus. 
Dass das funktioniert sehen wir an den Tieren, die instinktiv an die Nahrung herangehen und sich ebenso Winterspeck anfressen. Sie planen das sicherlich nicht bewusst. Das hat die Natur so geregelt. 

Die natürlichen Opiate sind also nicht böse. 

Leider haben wir sie heut zu tage ganzjährig zur Verfügung und wir leben nicht mehr im normalen Jahresrhytmus. 

 

 

Wie wird man süchtig?

Nein, nur weil wir mal Alkohol trinken, werden wir nicht gleich zum Alkoholiker. Das selbe gilt bei den anderen Drogenstoffen. Es gibt welche, die machen schneller süchtig und manche eben weniger schnell.

Tatsächlich gibt es aber gewisse "Prä-Dispositionen", d.h. Vor-Konstellationen, die eine Sucht begünstigen. z.B. wenn die Familien-Gene hier eine Schwäche aufweisen, erhöhen sich die Chancen für Sucht.

Zudem gibt es für eine weitere Prädisposition: Nämlich, wenn der Darm in Schieflage geraten ist. Das erhöht die Chance, dass wir anfällig für die Essens-Opiate werden. 

Genau wie beim Alkohol kommt es aber jetzt auch auf die Häufigkeit des Genusses der Drogen an. Gehört z.B. die abendliche Brotzeit zum täglichen Genuss, haben wir vielleicht noch eine Prä-Disposition in der Familie und dazu noch einen Darm, dem es nicht gut geht, dann streigen die Chancen rapide an, uns eine Sucht zu Glutomorphin zu erzeugen. 

Welche Suchtstoffe sind bekannt:

  • Glutomorphin (in Getreide enthalten)
  • Casomorphin (in Käse enthalten)
  • Auch Transfette haben diese Wirkung!

 

Wie können wir von der Sucht loskommen?

Leider gibt es da nur eine Möglichkeit: Entzug!
Nein, nicht halb so viel Brot, oder nur einmal in der Woche. Ist die Sucht erst mal da, kommt man nur davon los, wenn der Entzug durchgezogen wird. Das heißt: z.B. KEIN Brot mehr.

Was folgt, sind dann natürlich erst mal die Entzugserscheinungen, bis sich das Gehirn wieder neu regulieren kann.

 

DAS sind typische Entzugserscheinungen:

  • Erhöhter körperlicher Stress (der lässt sich sogar messen!)
  • Gereiztheit
  • Kurzschlusshandlungen (in meinem Fall habe ich im Entzug sogar ein Glas zu Boden geknallt vor lauter Zorn darüber, dass mir vorneweg ein Glas hinunter gefallen ist!!!)
  • Unkonzentriertheit
  • Zerfahrenheit
  • Rastlosigkeit
  • unaufhörliches Gedankenkreisen um Essen (und zwar genau um den Stoff, von dem wir den Entzug haben. In meinem Fall: Brot)
  • schlechter und unruhiger Schlaf
  • Schwitzen im Schlaf

Für gewöhnlich dauern diese Entzugserscheinungen jedoch nicht länger als 3-6 Tage und danach ist man "durch". Der Körper hat sich wieder umgestellt und der körperliche Stress, den die Entzugserscheinungen verursacht haben, lässt nach.

Meide während des Entzugs bitte z.B. den Bäckerladen wie einen Drogen-Shop! In meinem Fall musste ich sogar den Essenstisch verlassen, da ich sonst meinen Kindern die Bretze aus dem Mund gerissen hätte. Unsere Konsequenz war, dass wir in den nächsten Tagen Getreide komplett aus meiner Reichweite entfernt haben. 

Eine neuronale Anpassung dauert mindestens 6-9 Monate. Das bedeutet für Dich, falls du von einer solchen Sucht betroffen bist: 

Mindestens 6-9 Monate völlig Abstand zu nehmen von den Stoffen, bei denen du die Sucht erkannt hast! 

Denn das läuft sonst wie beim Trockenen Alkoholiker. Bekommt er ein Stamperl Schnaps in den Gaumen, gerät sein Gehirn wieder außer Rand und Band und "weil es jetzt eh schon egal ist..." (wir erinnern uns, das flüstert die Sucht!) endet "nur EIN Stamperl" im völligen Schnaps-Rausch und leeren Flaschen.

Genauso geht es uns dann nämlich auch, sobald wir den Suchtstoff wieder bekommen. Wir enden in einem Brezen-Delirium. 
Und fragen uns dabei auch noch, wieso wir uns nicht zusammenreißen konnten. 

Die Antwort: Weil wir es hier mit einer SUCHT zu tun haben! Ganz einfach. Hör auf, dich dafür fertig zu machen, das macht absolut keinen Sinn! 

Sucht hat nichts mit Disziplin zu tun, sondern ist ein biochemischer Vorgang in deinem Gehirn, bei dem dein Willenszentrum komplett ausgeschaltet wird. 

Das gemeine bei den Essens-Opiaten ist nur, dass wir bisher gar nicht wussten, dass wir es mit einer Sucht zu tun haben KÖNNTEN!
Wo keine Bewusstheit da ist, da können wir auch nicht nach Lösungen suchen! 

Aber jetzt weißt du, dass es sie gibt! Also kannst du sie auch ERKENNEN, wenn sie da ist.

Es macht dafür umso mehr Sinn, die Sucht auch wie eine Sucht zu behandeln und die einzige Möglichkeit ist nunmal: Entzug. 

Bitte dafür dein Umfeld um Hilfe. Kläre sie auf, was sie erwartet, sobald du in die Entzugserscheinungen kommst. Teile ihnen mit, dass sie dich dabei unterstützen sollen. Sie dir KEINE Brezel anbieten sollen (falls das deine Droge ist), sondern sie dazwischen grätschen dürfen, falls deine Hand zur Droge greift. 

Ich habe meinen Mann damals den Artikel vorgelesen und ihm die Entzugserscheinungen geschildert. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich es für reine Recherche meinerseits gehalten. Nie im Leben hätte ich damit gerechnet, dass ICH davon betroffen war! 

Nun, keine zwei Tage später kam dann unser Wasserglasvorfall. Mir rutschte ein Glas aus der Hand und fiel zu Boden. Klirr! Überall Scherben! 
Vor lauter Zorn darüber, packte ich das zweite Glas und donnerte es gleich noch hinterher. 
Meine Kinder schauten mich völlig verwirrt an: "Mama, warum hast du das jetzt gemacht?" 
Ich schämte mich. "Geht jetzt besser mal raus, ich hab mich gerade gar nicht mehr unter Kontrolle." 
Mein Mann packte den Besen und begann die Scherben aufzukehren. 
Meine Reaktion? Ich begann ihn anzubrüllen: "Lass das jetzt bloß stehen!!! Ich mach meinen Dreck selber weg! Geh du auch raus!!!" 

Seine Reaktion? Äußerst cool: "Naja, du hast mir doch vorgelesen, dass es bei den Entzugserscheinungen zu Gereiztheit und Kontrollverlust kommen kann. Siehe da, du steckst gerade mitten drin. Und ich helfe dir jetzt, also sei still." 

Erst jetzt wurde mir wirklich bewusst, was gerade passierte. Aha! So fühlten sich also Entzugserscheinungen an!

Aber viel wichtiger: ENDLICH hatte ich meine Antwort, warum ich so oft an Kontrollverlusten beim Essen litt! Warum ich mich "nicht im Griff" hatte!
Ich war so diszipliniert! Hatte alles im Leben immer durchgezogen, war super sportlich! Und beim Essen...

JETZT hatte ich die Antwort und genau DAS war auch der Durchbruch zu meinem Sixpack.

Und falls du auch davon betroffen bist... DAS wird jetzt auch DEIN Durchbruch sein zu deiner Wunschfigur, das kann ich dir versprechen!

 

Rückwirkend kann ich nun völlig neue Schlüsse im Bezug auf Essstörungen ziehen:

Während meiner Arbeit als Therapeutin in der Psychosomatik habe ich meine Patienten auch immer gefragt, WAS sie denn so unkontrolliert essen.

Interessanterweise kamen dabei folgende Aussagen:

  • bei Binge Eating (unkontrolliertes Überessen): Brot, Kuchen, Joghurt, Müsli, Süßigkeiten, Nüsse, Nudeln, Pizza, Schokolade, Wurst, Chips... Es kam nie: z.B. Fleisch, Fisch, Salat, Tofu
  • bei Bulimie (Ess-Brech-Sucht):                       Brot, Kuchen, Joghurt, Müsli, Süßigkeiten, Nüsse, Nudeln, Pizza, Schokolade, Wurst, Chips... Es kamen sehr selten: Fleisch, Fisch... Es kam nie: z.B. Salat, Tofu etc. 

Interessant? 

Es wird noch interessanter! Mittlerweile gibt es nämlich Studien, die belegen, dass genau DIESE Suchtstoffe diese Essstörungen erst AUSLÖSEN. Und zwar in Kombination mit einer Nahrungsmittelunverträglichkeit. 
z.B. Wenn jemand süchtig ist nach Casomorphin und ständig nach Milchprodukten süchtelt, gleichzeitig aber eine Laktose Intoleranz hat, dann fehlt nur noch ein kleiner äußerer Stressfaktor und daraus wird eine waschechte Bulimie. Der Körper will den Stoff (Laktose) sofort wieder loswerden, nachdem er ihn zuvor wegen Casomorphin unkontrolliert eingeworfen bekommen hat. Die verzweifelte Lösung: Erbrechen. Das Steinzeitgehirn hat die Kontrolle übernommen. 

Wenn wir DAS nun wissen, müssen wir selbst auf Essstörungen nochmal einen völlig neuen Blick werfen! Ich durfte hier als Therapeutin richtig viel dazu lernen!
Anfangs war es vielleicht psychischer Stress. 

Aber danach haben wir es mit einer Sucht zu tun.

 

Umgang mit Rückfällen:

Ja, Rückfälle gibt es. Sie sind auch normal, deshalb mach dich bitte nicht fertig, wenn dich das erste Brezel- , Schlümpfe- oder Kuchen-Delir erwischt. 

Anfangs flüstert die kleine Stimme noch: "Ach, vielleicht ist es ja gar nicht so schlimm... Da kann ich doch schon mal ein paar Zuckerschlümpfe naschen." 
Das Ergebnis wirst du kennenlernen, wenn die 250g Packung vor deinen Augen in deinem Magen verschwindet und du am liebsten losziehen würdest, um dir noch nachts an der Tanke eine weitere Packung zu kaufen. (Was in einigen Fällen auch passiert)

Nimm es als "Aha-Moment": Jetzt weißt du wirklich, dass du es mit einem biochemischen Vorgang im Gehirn zu tun hast, der dein Willenszentrum ausschaltet. 
Leg die Ohren an, lass den "Drogen-Sturm" der nächsten Tage an dir vorbeiziehen, sammle deine Kräfte für den nächsten Entzug und dann bitte dein Umfeld wieder darum, den nächsten Anlauf zu unterstützen. 

Bei mir hat es 6 Anläufe gebraucht. 

Das ist so ein bisschen wie als Baby Gehen zu lernen. Da fällt man wieder hin... und wieder... und wieder... Aber was ist die Alternative? Krabbeln bis ans Lebensende?

Nein Danke. Also, stell dir ein Baby vor, das Gehen lernt. Das gibt auch nicht auf. Und so gibst du auch nicht auf, bis du sattelsicher ohne deinen Suchtstoff auskommst! 

Du wirst damit in ein freieres und selbstbestimmtes Leben gehen, das ist den Preis wert! Ich verspreche es dir!

 

Damit sind deine To-Do's:

  1. Beobachtung, von welchen Stoffen du betroffen sein könntest
  2. Vorbereitung deines Umfelds auf den kommenden Entzug
  3. Entzugsphase
  4. Richtig gut und frei fühlen, wenn du es geschafft hast!

Jetzt wächst dein Selbstbewusstsein! Es war NIE deine mangelnde Disziplin! Davon hast du jede Menge! Es war lediglich das fehlende Wissen über das eigentliche Problem. 

In diesem Sinne, ich drück dich ganz lieb! 
Mach das nicht allein durch! Teile es in der Gruppe, lass dich unterstützen! Du bist nicht allein!


Drucken   E-Mail